Nach ein paar freien Tagen sitzt Sam am Schreibtisch und schreibt am Abschlussbericht vom letzten Einsatz. Die Anderen wollten ihm zwar helfen, aber das scheinen sie wieder einmal vergessen zu haben.
Irgendwie reißt ihn eine innere Unruhe immer wieder aus seinen Gedanken. Das kennt er sonst gar nicht von sich und kann es sich auch nicht erklären.

Kensi und Deeks kommen gerade gemeinsam zur Tür herein und Kensi stürmt mit einem ernsten Gesicht vorne weg.
„Warte doch mal Kens!", sagt Deeks und versucht sie am Arm festzuhalten.
Ruckartig bleibt Kensi stehen, dreht sich um und blickt Deeks böse an.
„Was?", fragt sie ungehalten.
Deeks ist so erschrocken, dass er sie fasrt umrennt.
„Wieso bist du so sauer, ich hab mich doch nur um ein paar Minuten verspätet und du hattest doch sowieso nichts vor.", antwortet er.
„Woher willst du das wissen? Ich hätte mich nicht so beeilen müssen und zum Aufräumen wäre ich auch noch gekommen.", entgegnet ihm Kensi.
Deeks muss lachen „Du und aufräumen? Du weißt doch gar nicht, was das ist."
Kensi will noch etwas sagen, winkt dann mit beiden Händen ab und geht weiter.
Kurz vor ihrem Schreibtisch dreht sie sich noch einmal um und ihr Gesicht ist nun wesentlich entspannter.
„Deeks, darum geht es überhaupt nicht. Ich bin der Meinung, dass man seinen Partner informiert, wenn man sich verspätet oder etwas anderes wichtiger ist."
Sie blickt Sam an und hofft auf Bestätigung. Doch der scheint ihnen gar nicht zugehört zu haben.
„Sam?", fragt Kensi.
Aus den Gedanken gerissen blickt er Kensi an und fragt: „Was hast du gesagt?"
Kensi wundert sich, aber spricht dann weiter: „Es ging gerade darum, dass man seinen Partner informieren sollte, wenn man etwas vorhat. Findest du nicht?" Callen sagt dir doch bestimmt immer, wo er gerade ist?"
Kensi blickt zu Callens Schreibtisch, doch der ist noch leer. „Wo ist er eigentlich?"
„Das habe ich mich auch schon gefragt.", sagt Sam.
Freudig grinsend entgegnet Deeks: „Siehst du Kensi, Sam weiß auch nicht immer wo Callen ist."
Ohne die Beiden weiter zu beachten, steht Sam auf und macht sich auf den Weg zu Hetty. Callen ist jetzt schon fast zwanzig Minuten überfällig. Eigentlich gar nicht seine Art.
Doch Sam kommt gar nicht weit, ein schriller Pfiff von Eric ruft die Drei nach oben in die Kommandozentrale.

Als sie dort ankommen, ist Hetty schon vor Ort. Sam will erklären, dass Callen noch nicht da ist, aber Hetty's Blick lässt ihn sofort verstummen. Irgendwas scheint hier nicht in Ordnung zu sein. Hetty bittet Eric und Nell das Video abzuspielen.

Gebannt schauen alle auf den großen Monitor. Aus dem Blickwinkel einer Knopfkamera zu erkennen, dass sich der Träger in einem dunklen Raum befindet. Die Fenster scheinen mit Brettern vernagelt zu sein und nur durch die Spalten zwischen ihnen, dringt etwas Licht in den Raum. Der Schatten eines weiteren Mannes taucht auf, doch man kann sein Gesicht nicht erkennen. Beide scheinen sich erhitzt zu unterhalten. Leider liefert das Video keinen Ton. Plötzlich krümmt sich der filmende Mann nach vorn, so als ob er einen Schlag von hinten erhalten hat. Nach ein paar Sekunden, die allen wie eine Ewigkeit vorkommen, richtet sich der Niedergeschlagene langsam wieder auf und kann sich zuerst noch die beiden Angreifer vom Leibe halten, doch dann zieht einer von ihnen ein Messer und sticht unverhofft zu. Der Angegriffene scheint kurz inne zu halten und stürzt dann zu Boden. Niemand kann erkennen, ob die Person tödlich oder nur verletzt wurde.
Kurze Zeit später wird die Person herumgedreht und man kann kurz den Schatten einer weiteren Person erkennen. Beide schleppen den scheinbar Leblosen in einen anderen Raum und schließen die Tür. Damit endet das Video.

Fragend schauen alle Hetty an. Sam findet zuerst Worte und fragt: „Um wen handelt es sich bei dem Angegriffenen und was haben wir damit zu tun? Wir sollten auf Callen warten. Er sollte das auch sehen."
Schon während er die Frage an Hetty stellt, scheint er die Antwort zu kennen. Deeks und Kensi fragen fast gleichzeitig: "Das war aber nicht Callen?"

"Leider doch.", antwortet Hetty.

"Aber wo ist das und wieso ist er allein dort?", fragt Sam.

"Sam, muss ich Ihnen diese Frage wirklich beantworten? Sie wissen doch, dass Mr. Callen nie aufgegeben hat nach seiner Familie zu suchen. Die Ungewissheit über seine Vergangenheit hat ihn nie losgelassen. Und gerade jetzt, will er endlich Klarheit."

Kensi und Deeks schauen sich fragend an. Die Aussage "gerade jetzt" verstehen sie nicht. Beide wissen, dass Callen immer sehr verschlossen ist, aber seit er mit Sam zusammen arbeitet, ist er in mancher Beziehung offener geworden, aber dennoch lässt er wenig von seinem Inneren nach außen dringen. Aber was bedeutet "gerade jetzt"?

Nach einer kurzen Pause, sprich Hetty weiter. „Er wollte die freien Tage nutzen und nach Antworten suchen. Ich wollte es ihm ausreden, aber Sam, ich brauche Ihnen sicher nicht sagen, wie weit ich damit gekommen bin.
Ich vermute, dass er irgendeinen Hinweis gefunden hat und diesem nachgegangen ist."

"Okay Hetty, wo fangen wir mit der Suche an? Konnten Eric und Nell schon irgendetwas auf dem Video entdecken?", will Sam wissen. Auch Deeks und Kensi schauen Hetty an und erwarten den Startschuss für einen Auftrag.

"Sie haben noch gar nicht angefangen zu suchen, Sam. Und auch Deeks und Kensi bleiben hier.", erklärt Hetty.

Sam sieht Hetty fragend an: "Habe ich Sie richtig verstanden, wir sollen Callen nicht helfen?" Er ist außer sich vor Wut. „Ich werde meinen Partner nicht im Stich lassen Hetty!"
Sam zeigt auf den großen Monitor und fährt fort: „Wenn das in dem Film einer von uns wäre, hätte G. nicht einmal gefragt und er hätte sich sofort auf die Suche gemacht."

"Sam hat recht.", sagt Deeks. "Callen würde keinen von uns im Stich lassen! Sie verlangen ernsthaft, dass wir mit dem Wissen, dass einer aus unserem Team in Gefahr ist, einfach zur Tagesordnung über gehen und ruhig weiterarbeiten? Das kann nicht Ihr Ernst sein Hetty?"

Eric will etwas sagen, aber Nell legt sanft ihre Hand auf seinen Arm und Eric verstummt. Er blickt ihr fragend in die Augen, doch dann kann er nicht mehr an sich halten. "Hetty, Sie haben einmal gesagt, dass Sie mich ins Team geholt haben, weil Sie mich für einen der Besten auf meinem Gebiet halten. Und auch all die anderen, die hier im Raum sind, sind Spezialisten auf ihrem Gebiet. Sie haben uns alle zu einem Team geformt, zu einer Familie. Und nun verlangen Sie, dass wir einen von uns im Stich lassen? Das können Sie nicht ernst meinen." Eric ist so aufgewühlt, dass er während seiner Worte aufgestanden ist und nun fragend auf Hetty schaut.

Kensi, Deeks, Sam und Nell haben während Eriks Rede große Augen bekommen. So kennen sie ihn gar nicht. Die Einzige, die scheinbar keine Gefühle zeigt, ist Hetty.

"Das ist löblich Mr. Beale, aber Mr. Callen war nicht im Dienst und somit können wir ihm nicht helfen. Er war privat unterwegs!"

"Hetty, Callen ist nie privat unterwegs! Er kennt gar nichts anderes als Arbeit! Und seit unserem letzten Einsatz in Rumänien ist die Familie Comescu nicht mehr Callens Privatsache. Das müssten Sie doch am besten wissen, Hetty. Es betrifft uns alle.", fällt Sam ihr ins Wort.

"Schluss jetzt, alle gehen wieder an ihre Arbeit. Mr. Callen muss sich alleine helfen."

Sam ballt seine Hände zu Fäusten und verlässt wütend die Zentrale. Kensi und Deeks folgen ihm. Kensi hebt fragend die Schultern und Deeks nickt ihr zu.

"Ach, Mr. Hanna, bitte informieren sie Christin.", ruft ihm Hetty hinterher. Deeks und Kensi drehen sich gleichzeitig fragend um. "Christin?", fragen sie fast synchron. Eric blickt Nell fragend an, aber auch die weiß nicht von wem Hetty redet. Sam nickt nur und geht.

Kensi und Deeks gehen langsam die Treppe herunter. "Wer ist den Christin?", fragt Kensi.

"Keine Ahnung.", sagt Deeks. "Manchmal glaube ich, überhaupt nichts über Callen zu wissen."

Hetty bleibt mit Eric und Nell allein in der Kommandozentrale zurück. Beide schauen sie abwartend an, aber Hetty steht mit einer versteinerten Miene im Raum. Dann dreht sie sich entschlossen um und geht.
Nell und Eric überlegen kurz, blicken sich an und verstehen sich wortlos. Es ist nun an ihnen, so viele Informationen wie nur möglich zu finden. In diesem Moment ist ihnen Hettys Verbot egal.

Hetty geht langsam den Gang entlang und versucht ihre Tränen zu unterdrücken. Das wovor sie immer Angst hatte, war eingetreten. Sie hatte immer versucht sich vor Callen zu stellen und ihn vor den Comescus zu schützen, aber ihr war auch immer klar, je mehr er erfuhr, desto intensiver würde er nachfragen. Durch Schreibers Bilder und den Film hatte er wieder ein Puzzleteilchen seiner Vergangenheit gefunden. Nun war er überzeugt, auch mehr Hinweise zu seinem Vater finden zu können. Nach Arkadys Erzählungen hörte die Spur von Callens Vater in Sibirien auf und dort musste sie auch wieder aufzunehmen sein. Doch war Callen nach Sibirien geflogen?

Sie war sich sicher, dass sie dem Team alle nötigen Hinweise gegeben hatte, damit sie das Richtige taten. Wenn sie es nicht schafften Callen zu finden, dann würde es niemand schaffen.

Hetty war sich sicher, dass auch Callen Sam ein paar Hinweise hinterlassen hatte. Sie musste sie nur finden und entschlüsseln. Die Beiden waren in den letzten Jahren so als Partner zusammen gewachsen, dass sie sich blind verstanden und vertrauten. Auch war sie sich sicher, dass Kensi und Deeks Sam unterstützen würden.
Problematisch könnte nur die Recherche nach Informationen werden, aber Eric und Nell würden sich sicher etwas einfallen lassen. Hatten sie sich doch schon manchmal über Hettys Verbote hinweggesetzt. Ein leichtes Lächeln umspielte Hetty's Mundwinkel. Sie hatte das Team mit Strenge ausgebildet, aber Eric hatte auch Recht, sie waren alle zu einer großen Familie zusammen gewachsen. Das alles bestärkte Hetty, dass sie das Richtige tat.

Das Ganze konnte nur noch Granger verhindern, aber da verließ sich Hetty auf Sam's Entschlossenheit. Sie holte ihr Kündigungsschreiben aus dem Schreibtisch, änderte das Datum und legte den Brief gut sichtbar auf den Tisch. Ihr Entschluss stand fest, sie musste Callen retten, auch wenn es das Letzte war, was sie tat.