I Am Not a Goldfish by cathedral carver – Übersetzung

Zusammenfassung: Von Unverschämtheit, Schlaflosigkeit und den Einsamsten

Deutsche Übersetzung von "I Am Not A Goldfish" von cathedral carver s/5752182/1/I-Am-Not-A-Goldfish

Ich Bin Kein Goldfisch

...

Ich bin kein Goldfisch

Also bitte stopp' und starre nicht

Ich esse nicht

Ich kann nicht schlafen

Ich kämme meine Haare nicht

Im Dunklen gelassen, werde ich weiß

Vergesse alles

Kann meine Augen nicht schließen

Ich sinke tief hinab

Ich bin troubled*

Troubling

Hermione Jean Grange, 7 Jahre

Ich bin vier als ich es das erste Mal fühle.

Ich wurde in mein Zimmer geschickt – meine Eltern gehen am Abend aus – und die schreckliche Mrs. P von nebenan passt auf mich auf. Ich hasse Mrs. P. Sie gibt vor, mich zu tolerieren. Graue Haare und graue Kleider und spitze, graue Zähne und sie nennt mich frühreif vor meinen Eltern und insolent mir ins Gesicht. Insolent ist ein anderes Wort für unhöflich und respektlos. Unverschämt, sogar. Ich weiß das, weil ich es in dem großen, schwarzen Wörterbuch nachschlage, das genauso viel wiegt wie ich. Unverschämt ist in Ordnung. Ich mag das Wort unverschämt, den Klang und seine Form in meinem Mund. Auf insolent kann ich verzichten.

Ich liege im Bett, zu Tränen gelangweilt, wörtlich. Mrs. P hat mir verboten – verboten! - mich von diesem Fleck zu bewegen, und weil ich ich bin, gehorche ich.

Aber es ist zu früh! Ich heule, kicke meine Fersen gegen die Matratze. Ich schaue auf die Uhr an meiner Wand. Es ist erst sieben Uhr!

Du kannst die Uhr nicht lesen, also hör' auf so zu tun als ob, zischt sie, als wir uns gegenseitig böse anschauen. Es ist höchste Zeit, dass dich jemand an der Hand nimmt, fügt sie hinzu, als sie sich zur Tür bewegt, um sie zu schließen. Sie richtet ihren langen, knochigen Finger auf mich: Du bist keine Erwachsene, obwohl deine Eltern es für nötig erachten, dich wie eine zu behandeln. Ich werde so einem wirklichkeitsfremdem Unsinn nicht nachgeben.

Im Trübsinn drücke ich eine Träne mit meinem Finger gegen meine Wange und konzentriere all meine Wut auf Mrs. P's abgehärmtes Gesicht. Ich stelle mir vor, wie sie die Stiege hinunterfällt, wie das graue Kleid über ihren Kopf flattert, um ihre gewaltigen, gepunkteten Unterhosen zu enthüllen. Ich sehe, wie ihre Haare in Flammen aufgehen, brillantes, rot-wie-ein-Drachen-Feuer. Ich schaue zu, wie sie sich an Keksen verschluckt, Krümel ausspuckt, ihr Gesicht so grau wie der Rest von ihr.

Den Flur hinunter höre ich sie für einen Moment stark husten, dann auf ihren Brustkorb klopfen.

„Meine Güte!", sagt sie überrascht.

Ich lächle.

Ich möchte lesen! Ich brülle plötzlich und sie brüllt zurück.

Geh' schlafen, impertinentes Mädchen. Du kannst nicht lesen! Du bist vier!

Impertinent ist noch ein anderes Wort für unverschämt. Ich denke, Mrs. P muss neue Beleidigungen für mich lernen. Dann runzle ich die Stirn und verschränke meine Arme, denn so viel weiß sie.

Ich möchte lesen, weil ich lesen kann und es schon eine Weile lang getan habe, jetzt, danke vielmals.

Ich möchte ein Buch, aber ich kann mein Bett nicht verlassen. Es ist ein Dilemma, was ein anderes Wort für Problem ist. Mein Bücherregal ist auf der anderen Seite des Zimmers. Ich kann alle meine kostbaren Bücher dort sehen, präzise aufgereiht, alphabetisch. Ich möchte Der Samtene Hase. Ich weiß genau, wo es steht. Ich schließe meine Augen und strecke meine Hände aus, konzentriere mich. Ich spüre seinen abgenutzten Einband gegen meine Finger, vertraut und tröstend wie mein Haar gegen meine Wangen, wenn ich schlafe.

Ich möchte dieses Buch.

Ich möchte dieses Buch.

Ich möchte dieses Buch -

Und plötzlich ist es da, in meinen Händen, als wäre es immer da gewesen. Ich bin zu überrascht, um ein Geräusch zu machen. Ich liege sehr still, starre hinauf auf einen Gegenstand, der vor einer Sekunde auf dem Regal war und jetzt nicht mehr dort ist.

Dort, dann hier.

Wie ist das passiert?

Ich drehe das Buch in meinen kleinen Händen immer wieder um und frage mich, ob es real ist oder ob ich träume. Ich kann mich nicht erinnern, eingeschlafen zu sein, aber geisttötende Langeweile hat vielleicht doch gewonnen.

Ich öffne es und beginne zu lesen, so sanft, dass ich kaum meine Stimme hören kann: Es war einmal ein samtener Hase, und am Anfang war er wirklich prächtig -

Prächtig ist ein anderes Wort für wundervoll.

Etwas blüht dann in meinem Brustkorb auf, etwas Warmes und Wundersames und so schön, dass ich nicht atmen kann. Ich denke an den Garten unterhalb meines Schlafzimmerfensters, an die Blumen, die am Ende des Winters erscheinen, winzige Blütenblätter, lieblich zart, sich durch den schmutzigen Schnee schiebend.

Unmöglich, wunderbar.

Es fühlt sich gut an. Es fühlt sich echt an.

Ich lächle in der Dunkelheit.

Es fühlt sich wie Magie an.

Ich bin sieben und ich bekomme mein erstes Haustier.

Ich bin sieben und ich schreibe mein erstes Gedicht.

Es hat immer Wörter in meiner Welt gegeben, aber plötzlich sind Wörter in meinem Kopf, so viele Wörter, und sie müssen heraus gelassen werden.

Ich verbringe Stunden in meinem Zimmer mit meinen Büchern und meinem Papier und meinen Stiften und dem kleinen, blauen, Plastikaquarium, das ein Plastikschloss und eine Plastikpflanze enthält. Der Fisch ist golden. Ich nenne ihn Bullion.

Bullion kommt mit einem dünnen, grünen Buch mit dem Titel Wie Man Seinen Goldfisch Pflegt. Ich lese es, von vorne bis hinten, in 10 Minuten.

Der Fisch und ich starren einander für eine lange Zeit an, als wir versuchen, uns gegenseitig zu verstehen. Als ich denke, dass wir eine Übereinkunft erreicht haben, setze ich mich und schreibe.

Es ist ein Gedicht, erkenne ich, während ich kritzle. Ein echtes Gedicht.

Ich schreibe dieses Gedicht und ich kann nicht aufhören, darüber zu lächeln. Es ist perfekt. Es ist das wundervollste Ding aller Zeiten. Es sagt alles, was ich sagen wollte, aber nicht konnte, zumindest nicht laut. Ich kann nicht warten, es jemandem zu zeigen.

Aber wem?

Ich habe keine wirklichen FreundInnen, wenigstens niemanden, den ich außerhalb der Schule sehe.

Ich habe es Bullion schon drei Mal vorgelesen, bin mir aber nicht sicher, ob er es gehört oder ihn interessiert hat.

Meine Eltern müssen für jetzt reichen.

Sie hören höflich und pflichtbewusst zu, wie sie es immer tun, wenn ich ihnen mein neuestes Unterfangen vorstelle. Meine Eltern lieben mich, sie tun es wirklich, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie mich tatsächlich verstehen.

Ich bin kein Goldfisch -

Wisst ihr, erkläre ich, als ich zum Ende komme und sie mich anstarren, verwirrt, ein Troubling ist eine Gruppe von Goldfischen. Ich habe das aus meinem Buch gelernt.

Ich fühle mich recht clever, aber sie nicken bloß mit ihren Als-Ob-Ernst-Gesichtern.

Also, ich stimme dir zu, Liebes, ist alles was mein Vater dazu sagen kann. Du bist definitiv kein Goldfisch.

Und die Haare kämmst du dir auch nicht, fügt meine Mutter hinzu, mit ihrem breiten, weißen Lächeln. „Sehr nettes Gedicht, aber. Komm jetzt, Hermione. Es ist Zeit für's Abendessen.

Es ist Zeit für's Abendessen, nicht wahr? Das kann ich nicht bestreiten.

Ich lege das Gedicht weg und denke für fast zehn Jahre nicht mehr daran.

Ich bin 11, als der Brief ankommt. Mein Herz klopft, als ich ihn öffne. Das Papier ist dick und glatt und schwer und fühlt sich wichtig an. Es kribbelt mit einer Art Energie, die sich von meinen Fingerspitzen bis hinauf in meine Arme ausbreitet.

Liebe Miss Granger,

Wir sind erfreut, Ihnen mitzuteilen, dass Sie in Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen wurden -

Meine Eltern lesen es über meiner Schulter. Ich bin schneller als sie fertig und stehe mit offenem Mund da, ungläubig, doch realisierend, dass ich die ganze Zeit wusste, dass es nicht anders sein könnte.

Gut, sagt mein Vater langsam, während meine Mutter ihren Mund mit einer Hand bedeckt und die andere schmerzhaft in meine Schulter gräbt. Das erklärt einige Dinge.

Ich lache laut auf und drücke den Brief an meine Brust. Ich kann nicht aufhören zu lachen.

Es erklärt alles.

Ich bin 13 und nichts passt.

Meine Kleidung, meine FreundInnen, mein Haar.

Meine Haut.

An einigen Tagen sehe ich mich in der Schule um und hasse jede einzelne Person, die ich sehe und bin mir recht sicher, dass wenigstens 90 Prozent von ihnen dasselbe mir gegenüber fühlen.

An einigen Tagen sehe ich mich in der Schule um und schaue dann mich selbst an und denke: Jemand hat einen schrecklichen Fehler gemacht.

Ich bin 15 und ich küsse das erste Mal einen Jungen.

Ich bin ein wenig in meinen Körper hineingewachsen, in meine Hüften, meine Brüste und fühle das erste Mal, dass ich vielleicht attraktiver bin, als ich es über die Jahre glaubte.

Ich habe ein paar Dinge über meinen Körper und die Dinge, die er tun kann, gelernt.

Ich hasse alle nicht mehr so stark und vielleicht hassen mich nicht alle.

Und Viktor Krum hat sehr weiche Lippen.

Ich bin 17, als ich bemerke, dass ich an Schlaflosigkeit leide. Ich weiß es, weil ich es nachschlage.

Haben Schwierigkeiten, einzuschlafen. Das kann bedeuten, für bis zu eine Stunde oder mehr im Bett zu liegen, sich hin und her wälzend, wartend darauf, einzuschlafen.

Ja.

Wachen auf und haben Schwierigkeiten, wieder einzuschlafen.

Ja.

Wachen zu früh am Morgen auf.

Also, wirklich, was ist die Definition von zu früh? Ich sehe einfach keinen Grund, fast den ganzen Morgen im Bett herumzuliegen. Es ist eine Verschwendung wertvoller Zeit, die besser mit Lesen verbracht werden kann. Oder Lernen.

Fühlen sich grantig, schläfrig, oder bange. Unfähig, Dinge während des Tages zu erledigen.

Sicherlich nicht. Ich bin niemals grantig oder schläfrig. Bange, ja, aber ich schaffe vieles während des Tages. Fragt irgendwen.

Wie auch immer.

Sie beginnt langsam, diese Schlaflosigkeit. Sie verschiebt sich heimtückisch von der gelegentlichen schlaflosen Nacht, oder zwei, dann drei. Schließlich sind Wochen vergangen und es fällt mir schwer, mich an das letzte Mal, als ich mehr als wenige Stunden am Stück geschlafen habe, zu erinnern.

Die Nächte, finde ich, sind sehr lang.

Stunden vergehen: zwei, dann drei, schließlich vier. Ich schließe meine Augen, drücke sie so fest ich kann zu, als würde das meinem Gehirn signalisieren, loszulassen. Ich schreibe stundenlang, versteckt unter der Decke, schreibe, bis meine Hand verkrampft und ich keinen Federkiel mehr halten kann. Ich gehe im Schlafsaal auf und ab so leise ich kann, um meine tief schlummernden Zimmergenossinnen nicht zu stören.

Es ist nicht so, dass ich es nicht versuche. Ich bitte Madam Pomfrey um stärkere Schlaftränke. Die Frau macht einfach „tsk" und sagt mir, ich soll Kamillentee trinken. Sie sagt mir, ich soll ein warmes Bad nehmen. Sie sagt mir, ich muss mich entspannen, dass ich zu hart arbeite.

Eine Nacht, zwei, drei. Einmal habe ich fast vier Tage mit nur fünf Stunden schlaf.

Aber irgendwie mache ich weiter. Ich muss weiter machen.

Denn jetzt komme ich zum meinem liebsten Teil der Geschichte.

Den Teil mit dir.

So mache ich weiter und weiter und weiter, bis ich eines Tages in Tränen zusammenbreche. Ich bin so verdammt müde, dass ich nicht einmal bemerke, was ich tue und lasse alle meine Bücher auf den Boden auf der Rückseite deines Klassenzimmers fallen.

Ich habe Ron und Harry gesagt, vorauszugehen, und das tun sie, nervös wie immer, sich aus deiner Gegenwart zu entfernen. Ich muss nur einen Augenblick alleine sein, und mit dir zusammen zu sein, ist so gut wie alleine, oder?

Ich bin sehr still, als ich meine Bücher in meine Tasche schiebe, also denke ich, dass du mich nicht bemerkst. Ich schluchze – sehr leise – auf eine ziemlich methodische, rhythmische Art und Weise, Tränen rutschen meine Wangen hinunter und tropfen von der Unterseite meines Kinns. Ich realisiere nicht ganz, dass alle das Klassenzimmer verlassen haben, bis ich, am Rande, deine Füße knapp neben meinen Knien stehen sehe.

Miss Granger, sagst du.

Ich wische den Ärmel meiner Robe über mein Gesicht, aber es hilft nicht. Jetzt fühlt sich meine Haut nur nass und recht klebrig an, als wäre ich gerade aus dem Ozean aufgetaucht.

Ich höre deine Stimme. Mein Gehirn registriert sie, aber ich kann nicht antworten. Noch nicht.

Miss Granger, wiederholst du und es gibt kein Entkommen. Du hast mich mit deinem Blick festgenagelt, wie das traurige, durchnässte Exemplar, das ich bin.

Ich schaue auf. Ich schaue weit auf.

Was genau, fragst du, ist das Problem? Warum sind Sie zusammengekauert am Boden und sehen um alles in der Welt wie ein durchtränkter Kniesel aus?

Ich schiebe mein letztes Buch in meine Tasche, versuche auf meine Füße zu taumeln. Ich scheitere. Ich weine weiter. Ich kann nicht aufhören, zu weinen.

Ich bin… nur müde, sage ich und sogar für meine Ohren hört es sich lächerlich an. Ich klinge wie eine verrückte Person und der Ausdruck auf deinem Gesicht spiegelt meinen Verdacht.

Müde, wiederholst du.

Ich nicke und schnupfe und hickse feucht. Hoffnungslos bin ich.

Ich höre dich seufzen. Es ist ein resigniertes Seufzen. Ich weiß, dass ich dich irritiere. Das zu wissen, macht mich traurig, daher weine ich stärker.

Hier, sagst du schließlich und streckst deine Hand abrupt aus. Du fährst fort: Ich genieße nicht die Vorstellung, dass Sie sich beim Sitzen in einer Pfütze auf dem kalten Boden in meinem Klassenzimmer den Tod holen.

Ich habe deine Haut noch nie zuvor berührt und bemerke, dass sie sehr weiß ist, deine Hand, und weich und viel, viel wärmer als ich es mir vorgestellt hätte, hätte ich mich solche Dinge vorzustellen getraut.

Du ziehst mich in einer geschmeidigen Bewegung hoch. Ich könnte fliegen, oder treiben. Aber dann stehe ich da vor dir, überrascht und fest am Boden geankert. Ich forme mit den Lippen danke, aber ich stelle fest, dass nichts außer Luft herauskommt.

Sie werden zu spät kommen, sagst du in die Stille. Ich nicke. Ich versuche es noch einmal.

Danke.

Sie sollten versuchen, hin und wieder zu schlafen, sagst du und obwohl ich weiß, dass du versuchst, distanziert und sarkastisch zu klingen, höre ich etwas darunter.

Etwas lieblich zartes, sich durch schiebend.

Sollte ich, sage ich. Und dann, zum dritten Mal, Danke.

Du nickst einfach und drehst dich in einer flatternden Welle von Roben um. Ein schwarzes Meer. Ich könnte darin ertrinken, denke ich, und es macht mir nichts aus.

Es ist eine kleine Sachen, diese erste, sachte Freundlichkeit, und während du sie widerwillig gibst, trage ich sie mit mir, nahe an meinem Herzen, für den Rest meines Lebens.

Der Schlafsaal wird am Jahresende zu einer Zelle.

Eines nachts, nach Mitternacht, reißt etwas, und mir wird klar, dass ich den Rest meines Verstandes verliere, wenn ich auch nur eine Minute mehr in diesem Raum bleibe.

Ich breche nicht gerne die Regeln, aber manchmal, hin und wieder, hat man keine Alternative.

Ich schleiche mich hinaus, im Schutz der Dunkelheit, leise wie eine Katze.

Ich gehe stundenlang durch die Korridore, verfolge meine Schritte wieder und wieder und bemerke, viel später, dass ich in Kreisen gehe.

Die Stunden vergehen, wie sie es tun und das Licht verändert sich, wie es das tut.

Nacht für Nacht ist es dasselbe: Die flüsterleisen Geräusche meiner Schritte vermischen sich mit den flüsterleisen Atemzügen, meine durcheinander gebrachten, schlafverwirrten Gedanken, alles wiederholt den gleichen endlosen Rhythmus, wieder und wieder.

In einer Nacht, jedoch, ist etwas anders.

In einer Nacht sehe ich dich.

Der Anblick deiner Gestalt, die sich stumm vor mir bewegt, reicht, um mich innehalten zu lassen. Was mache ich jetzt? Drehe ich mich um und laufe weg? Tue ich so, als würde ich ohnmächtig? Soll ich -

Zu spät. Du drehst dich schnell um und siehst mich, erstarrt, mit offenem Mund, glotzend. In sechs langen Schritten stehst du vor mir, dein Gesicht eine faszinierende Kombination von Rage und etwas anderem, dass ich nicht definieren kann.

Miss Granger, zischt du in der Dunkelheit. Ich fühle das sanfte Gewicht deines warmen Atems auf meinem Gesicht.

Professor Snape, antworte ich. Ich erwarte meine Strafe. Ich kann dich atmen, oder denken, oder beides hören. Du stehst sehr nahe. Was wird es sein, frage ich mich: Wie viele Stunden, wie viele Kessel, für wie viele Nächte.

Ich tröste mich selbst: Wenigstens gibt mir das etwas zu tun.

Aber stattdessen:

Warum wandern Sie nach der Ausgangssperre in den Fluren herum?, sagst du, und du klingst überhaupt nicht wütend. Du klingst neugierig.

Neugier verstehe ich.

Ich kann nicht schlafen, sage ich. Ich… versuche es. Ich versuche es immer wieder. Ich versuche es sehr, sehr stark, aber… Ich scheitere. Ich scheitere daran, zu schlafen -

Mein Stimme klingt zittrig, als würde ich gleich weinen, aber ich bin nicht nahe daran, zu weinen. Ich bin zu müde zum Weinen. Ich schließe meine Augen und schwanke leicht. Ich bin so sehr müde. Als ich sie öffne, beobachtest du mich wieder mit diesem Blick. Ich erwarte die unausweichliche Tirade.

Aber du seufzt einfach; Ich sehe, wie du deinen Kopf leicht senkst, als du darüber nachdenkst, wie es weitergehen soll. Was soll man mit mir machen? Ich weiß es sicher nicht und vielleicht weißt du es auch nicht.

Was soll man mit mir machen?

Du sagst: Sie haben einen Schlaftrunk ausprobiert, nehme ich an?

Ja.

Passiflora Incarnate?

Ja.

Mit einer Prise -

Ja, sage ich, bevor du fertig bist.

Ich habe alles versucht.

Dann kommen Sie, sagst du plötzlich und deine Stimme ist die Dunkelheit selbst. Lassen Sie uns gehen.

Also, gehen wir.

Wir gehen die ganz Nacht.

Wir sagen kein Wort.

Wir gehen, bis mein Körper so müde ist, wie mein Geist und als du endlich stehen bleibst, sehe ich, dass wir vor dem Portrait der Fetten Damen stehen. Ich schlafe, wie man sagt, im Stehen. Ich möchte danke sagen, aber du gestikulierst knapp zum Eingang und ich nicke zur Antwort und trete ein.

Ich schaffe es, mein Bett zu finden und ich falle und ich schlafe so lange und so tief, dass Lavender mich in blinder Panik wachrüttelt, weil sie denkt, dass ich tot bin.

Nach dieser ersten Nacht, werden unsere nächtlichen Treffen regelmäßig, erwartet, und für mich, zumindest, inständig herbei gesehnt.

Am Anfang sprechen wir nicht viel, nicht wahr? Nicht viel, denn selbst wenn wir flüstern, klingen unsere Stimmen zu laut in all der Stille.

Du bist ohnehin nicht derjenige für sinnlosen Smalltalk, habe ich herausgefunden.

Eines nachts streichen unsere Arme aneinander, als wir gehen. Es stört mich nicht, aber du schreckst zurück als hättest du dich verbrüht und siehst mich finster an, als hätte ich es absichtlich getan.

In einer anderen Nacht berühren sich unsere Finger, sanft, im Vorbeigehen. Du blickst hinunter zu mir, aber schreckst diesmal nicht so heftig zurück.

In einer weiteren Nacht, nachdem mich Peeves erschreckt hatte, indem er eine Statue umwarf, traue ich mich deine Hand zu nehmen, lasse ich meine Finger um deine Handfläche wickeln. Deine Haut ist glatt und warm; Deine Finger zucken unter meinen und ich fühle deinen Blick auf mir, nachdenklich, aber du seufszt, resigniert.

So gehen wir stundenlang.

Oh, die Dinge die ich dir am Ende während jener Wanderungen erzähle! Dinge, die ich niemals einer einzigen Person erzählt habe.

Es ist so viel einfacher, mit dir in der Dunkelheit zu reden.

Ich habe die Puppe meiner Cousine kaputt gemacht, als ich sechs war. Absichtlich.

Ich war diejenige, die die Zaubertänke aus deinem Vorratsraum im zweiten Jahr gestohlen hat.

Manchmal denke ich, ich würde einen Teil meines Verstandes eintauschen gegen größere -

Miss Granger, unterbrichst du. Vielleicht sollten Sie in Erwägung ziehen, sich einer Freundin anzuvertrauen. Tagebuch zu führen. Tiefempfundene, sentimentale Gedichte zu schreiben.

Ah, Gedichte.

Ich tauche ein.

Ich bin kein Goldfisch, fange ich an. Ich höre ein Geräusch, wie ein Husten. Du versuchst, sehr angestrengt, nicht zu lächeln.

Ich war sieben, sage ich und du nickst forsch und versteckst weise dein Grinsen. Ich setze wieder an. Du unterbrichst nicht, was mich denken lässt, dass es dir tatsächlich gefällt, was mich freut.

Wissen Sie, eine Gruppe Goldfische nennt man -

Ein Troubling, sagst du. Ich stoße einen verärgerten Atemzug aus.

Gibt es irgendetwas, dass Sie nicht wissen? Ich bemerke, dass ich unverschämt klinge und bin erleichtert, dass du einfach eine Augenbraue hochziehst und nicht antwortest.

Du bist der einzige, dem ich das Gedicht aufgesagt habe, abgesehen von meinen Eltern. Und dem Fisch natürlich, plappere ich. Wissen Sie, ich habe damals nicht viele FreundInnen gehabt. Also, ich habe jetzt nicht viele, wirklich, aber das ist in Ordnung, denn man kann nicht etwas vermissen, das man nie hatte, nicht wahr? Frage ich. Nicht wahr?

Und etwas daran, wie deine Hand unter meiner zuckt, lässt mich dann mit dem Geplapper aufhören. Mein Atem bleibt in meinem Brustkorb hängen. Ich wage nicht, dich anzusehen, aber ich schwöre, ich schwöre, ich fühle deine Augen auf mir.

Oh, ja, sagst du, als wir den Sonnenaufgang betrachten und blutrote Finger unsere müden Gesichter liebkosen. Das können Sie.

Ich erinnere mich an diese besondere Nacht in so exaktem Detail, nur, weil es unsere letzte gewesen ist.

Gute Nacht, Professor, sage ich, als wir stoppen. Die Fette Dame schläft weiter, leicht schnarchend in ihrem Bilderrahmen.

Du blickst den Flur entlang, zum Fenster und grinst. Oh. Es ist nicht mehr pechschwarz und ich fühle, wie das Gewicht von meinem Herzen abfällt. Ich muss nicht versuchen, zu schlafen. Es ist Morgen. Ich grinse. Ich spüre, wie sich das Lächeln über mein Gesicht erstreckt und du lächelst zurück.

Guten Morgen, sagst du.

Ich lehne mich impulsiv hoch, bevor ich es mir besser überlege, und küsse dich, auf die Lippen. Wir stehen so für volle fünf Sekunden. Ich weiß das, weil ich mitzähle. Du ziehst dich nicht zurück, aber du erwiderst den Kuss auch nicht.

Unerträglich, sagst du, sehr leise, als ich mich zurück bewege.

Später, viel später, als ich in Decken gehüllt bin, und auf den Schlaf warte, lächle ich, denn ich realisiere, dass unerträglich nur ein anderes Wort für Hermione ist.

Nachdem du stirbst, sehe ich dich fünf Jahre lang nicht.

Ich höre die Gerüchte; wir alle hören sie, aber ich erlaube mir selbst nicht, zu hoffen, dass du irgendwie entkommen bist, irgendwie überlebt hast.

Wenn ich sehr müde bin, oder nach zu viel Holunderblüten Wein, wage ich, an dich zu denken und wo du jetzt gerade wohl sein mögest. Unterrichten in einer Schule weit weg, womöglich, oder in einem Zaubertränke Labor in einem fernen Land arbeiten. Verkleidet, vielleicht, im Versteck, dich nur im Schutze der Dunkelheit bewegend.

Es tröstet mich, diese Dinge zu denken.

Jedes Mal wenn ich mein Klassenzimmer betrete. Jedes Mal, wenn ich den Blick über die Gesichter meiner SchülerInnen schweifen lasse, sowohl neue als auch bekannte, erwartungsvoll und gelangweilt. Jedes Mal, wenn ich durch die Räume von Hogwarts schreite, manchmal stundenlang, oft in der Nacht, sehe ich dein Gesicht und ich grübele.

Ich denke mehr an dich, als ich es je für möglich gehalten hätte.

Ja, du bist immer da, gespensterartig, existierst du am Rande meines Bewusstseins und manchmal, wenn ich sehr einsam bin, spreche ich mit dir.

Manchmal antwortest du.

Als ich dich endlich wieder finde, ist es Nacht.

Natürlich.

Ich habe nie die Gewohnheit verloren, herumzuwandern und du, offensichtlich, auch nicht.

Ich bin in der Winkelgasse, um eine Ausgabe von Höchst Obscure Zauber und Bänne zu erjagen. Ich habe Gerüchte über ein neues Geschäft dort gehört, spezialisiert in Ausgaben von seltenen und unüblichen Büchern. Ich bin begierig, es zu finden, da meine Abende in Hogwarts im Allgemeinen langweiliger und einsamer Natur sind.

Ich wandere herum, wie ich es zu tun pflege, konzentriere mich nur auf die beleuchteten Schaufenster und das solide tock tock meiner Stiefelabsätze auf Pflastersteinen, als:

Ich dich vor mir sehe.

Plötzlich.

Lange, herabstürzende Gestalt. Langer, schwarzer Umhang.

Plötzlich.

Plötzlich kann ich nicht atmen.

Plötzlich erinnere ich mich an die erste Nacht, als ich dich im Flur der Schule gesehen habe, als ich unter den schrecklichen Anfällen von Schlaflosigkeit litt. Ich erstarre. Du musst es ein. Du musst. Du drehst dich ganz leicht um und ich sehe dein Profil und ich lächle, eine Hitze in meinem Bauch schwillt an und breitet sich in jede Gliedmaße aus. Natürlich bist du es. Du pausierst für einen Moment, dann gehst du weiter. Ich lasse meine Beine bewegen, lasse sie dir folgen. Dein Weg ist zögerlich und unsicher, als würdest du einfach suchen, einfach … verloren.

Vielleicht hast du einfach deinen Weg verloren.

Aber vielleicht habe ich das ja auch.

Du bleibst stehen, letztendlich, vor einem Geschäft, das ich nie zuvor bemerkt habe und ich blinzle überrascht über den Namen: Devia Lacuna.

Genau das Buchgeschäft, das ich gesucht habe.

Du trittst ein.

Ich folge.

Zu dieser späten Stunde sind nur drei Kunden da. Der junge Mann, der den Tresen bedient, sieht mich, lächelt und nickt.

Hermione Granger, sagt er und ich halte an, verblüfft.

Ja, sage ich.

Er sieht vage bekannt aus, aber wie kann ich nicht sagen.

Graham Pritchard, sagt er, immer noch lächelnd und nickend. Er macht mich sehr nervös, aber warum, weiß ich nicht.

Hallo, sage ich.

Wir haben Sie erwartet, ist alles was er sagt.

Wirklich? Sage ich.

Ja, sagt er. Bitte, sehen Sie sich um.

Ich nicke zurück und folge der Anweisung.

Es ist glorreich. Einfach glorreich. Kein Wunder, dass du hier her gekommen bist, denke ich. Ich könnte hier Stunden verbringen, Tage.

Ich könnte hier leben.

Ich gehe den ersten Gang entlang, meine Finger streichen die verschlissenen Einbände entlang, Farben und Gerüche und Bilder füllen meinen Kopf. Ich schließe meine Augen, konzentriere mich, atme.

Lebe.

Ich öffne meine Augen.

Wir sehen einander im exakt selben Moment. Ich frage mich, ob mein Gesichtsausdruck derselbe ist wie deiner:

Miss Granger, sagst du in einer Stimme, die deine ist und nicht ist. Der Schlangenbiss, nehme ich an, hat deine Kehle geschädigt. Natürlich hat er das. Du klingst wie du selbst, aber auch nicht, als würdest du unter Wasser sprechen, durch Bündel von Haaren zu mir sprechen, durch hohle Hände, aus großer Distanz und doch direkt in meinem Kopf, zur selben Zeit.

Wir sind Freunde, und doch nicht.

Wir sind Feinde, und doch nicht.

Wir sind nicht Geliebte.

Noch nicht.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut? Sagst du und ich nicke.

Ich unterrichte, sage ich. In -

Ich weiß, sagst du, aber du führst es nicht weiter aus.

Und Sie? Frage ich, immer so höflich.

Das ist mein Geschäft, sagst du einfach. Deine langen, eleganten Finger heben sich und deuten auf die Umgebung, dann fallen sie wieder. Du erscheinst leicht verlegen. Ich möchte dich küssen, bevor du dich weg bewegst, bevor du realisierst, dass du stolz sein solltest, bevor dir bewusst wird, dass wir nicht einmal im selben Raum sein sollten.

Es ist perfekt, ist alles was ich sagen kann und ich meine es. Ein Buchgeschäft! Ambrosisch! Garten Eden!

Es ist perfekt.

Also, sage ich, drehe das Buch in meinen Händen um.

Es ist spät, sagst du.

Ja, sage ich.

Ich bin dabei, zuzusperren, sagst du.

Ich nicke. Natürlich.

Ich schaue dich an, dein Gesicht, die Ebenen, dunkel und hell, den Haken deines Mundes, die Neigung deiner Augen. Und du, bemerke ich, studierst das exakt gleiche an mir.

Schlafen Sie? fragst du.

Ungefähr gleich, sage ich und ich sehe Verständnis in den Tiefen deiner Augen. Es öffnet mich, löst etwas fest Gebundenes in meiner Brust, etwas, von dem ich nicht einmal bemerkte, dass es gebunden war.

Wir gehen zur Vorderseite des Geschäfts. Du und Graham grüßen einander. Du hebst einfach eine Braue und Graham grinst, sorgsam meinem Blick ausweichend.

Guten Abend, Sir, sagt er, fasst seinen Mantel und bricht auf.

Du nickst.

Komm, sagst du, eine Hand ausstreckend. Lass uns gehen.

Wir gehen.

Wir gehen, bist mein Körper so müde ist, wie mein Geist und als du endlich stehen bleibst sehe ich, dass wir vor deinem Geschäft stehen, dem Devia Lacuna. Ich schlafe, wie man sagt, im Stehen. Ich möchte danke sagen, aber du gestikulierst knapp zum Eingang und ich nicke zur Antwort und trete ein.

Du wohnst über deinem Geschäft, dein Haus Jahre zuvor verkauft.

Die Wohnung ist klein und warm.

Du reichst mir Tee und etwas passiert, als sich unsere Finger an der kühlen Porzellantasse berühren.

Du nickst mir zu, deine Augen verschleiert und erwartungsvoll.

So viel möchte ich sagen und so viel möchte ich gerne hören.

Ich warte. Du wartest.

Ich trinke meinen Tee aus. Ich stelle die Tasse ab und stehe auf. Du stehst auch auf und triffst mich auf halbem Weg. Wir wissen beide, was passieren wird, was wir passieren lassen wollen.

Ich lasse meine Hände deinen Brustkorb entlang gleiten. Du siehst mich an, ohne dich zu bewegen und ich sehe denselben Ausdruck in deinen Augen, denselben Ausdruck, den ich so viele Jahre zuvor gesehen habe, bevor ich alt genug war, ihn zu verstehen.

Bevor ich alt genug war, zu verstehen, was Verlangen wirklich bedeutet.

Dieser Ausdruck, jedoch, bricht mein Herz. Ich weiß, plötzlich, als ich dich ansehe, wie du mich ansiehst, dass du verstehst. Du bist genauso einsam wie ich es gewesen bin, für eine lange Zeit.

Oh, sage ich, weil alles andere dumm wäre.

Deine Hände berühren meine Brüste. Ich erinnere mich an sie – deine Hände – wie sie meine Hände so viele Jahre zuvor hielten und diese Erinnerung lässt mich in diesem Augenblick fast kommen.

Stattdessen schließe ich meine Augen und konzentriere mich auf dich und deine Hände und was du und sie mit mir machen, meinen Brüsten und meinem Hals, meiner Taille, meinen Beinen, meinen -

Hermione! Sagst du mit deiner komischen Stimme. Oh! Hermione -

Und ich bringe dich mit einem Kuss zum Schweigen und erkenne, dass Hermione ein anderes Wort für Liebe ist, aber wenn du es sagst, fühlt es sich wie Magie an.

Die Sonne geht auf. Es ist nicht länger Nacht und ich spüre diese alte, bekannte Lockerung in meiner Brust.

Es ist nicht länger Nacht und nachdem keiner von uns einen Ort hat, an den sie gehen kann, bleiben wir genau dort, wo wir sind: Dein Kopf an meiner Brust, deine Hand schützend um die Rückseite meines Halses gelegt. Ich lasse meine Hand auf deinem Kopf ruhen, meine Finger schlingen sich um deine Haare. Ich fühle deinen Atem über meine Haut laufen.

Ich bin nicht länger troubled*. Ich werde niemals vergessen.

Niemals.

Deine Atmung verlangsamt sich, dein Herzschlag verlangsamt sich.

Alles verlangsamt sich.

Wir schlafen.

-30-

*troubled = beunruhigt