Disclaimer: Die Charaktere dieser Fanfic, bis auf die von mir erfundenen, gehören nicht mir, sondern J.K. Rowling. Es sollen hier auch keine Rechte irgendwelcher Art verletzt werden. Außerdem will ich kein Geld damit machen, sondern schreibe nur aus Jux und Tollerei.

Autornote: Die Story basiert auf den Inhalt des fünften Bands und ……………ist eine der vielen Möglichkeiten wie es weitergehen könnte.

………und was noch wichtig ist an dieser Stelle zu erwähnen, es ist die direkte Fortsetzung zu meiner vorangegangenen Fanfic: Die andere Seite der Wirklichkeit und hier ist Sirius wieder da! *ggg* Wie es dazu kam? Das müsst ihr schon selbst nachlesen! *sfg*

Inhalt: (Spoiler: HP5) So dies ist nun die versprochene Fortsetzung. Harrys 6.Jahr läuft anders als er es sich bis dahin vorgestellt hatte. Neugewonnene Erkenntnisse werfen die Frage auf, ob Harry dies wirklich alles wissen wollte; die Welt verändert ihr Gesicht......

Raiting: PG13

Pairings: Das werde ich euch doch jetzt noch nicht verraten! *sfg*

1.

Für Harry waren die beiden letzten Tage in Andreas Haus wie im Flug vergangen, wobei er sich nicht daran erinnern konnte, je in seinem Leben so viel geredet zu haben, wie in diesen zwei Tagen. Mit Remus und Andreas Hilfe, hatte er Sirius von den Ereignissen der letzten Wochen berichtet, um ihm so einen Eindruck dessen zu vermitteln, was seit jener Nacht seines Verschwindens im Zauberministerium geschehen war. Rückblickend kam es Harry manchmal einfach nur wie ein Albraum vor, aus dem er vor noch nicht allzu langer Zeit erwachte, diese Erlebnisse erschienen ihm fast schon unwirklich. Das Gefühl der Unwirklichkeit hatte eine seltsame Dynamik. Während er sich in Sirius Nähe befand, erschienen ihm die Erinnerungen an die letzten Wochen als irreal und wenn er sich, wie gerade jetzt, allein in seinem Zimmer aufhielt, fragte er sich unweigerlich, ob Sirius wirklich wieder da war, oder dies alles nur ein schöner Traum gewesen wäre.

Während Harry die letzten Sachen in seinem Hogwartskoffer verstaute, drang Sirius Lachen durch die geschlossene Zimmertür und ließ ihn unweigerlich in seiner Bewegung innehalten. „Er ist wirklich da! Das ist real, kein Traum!", seufzte er kurz, ehe er sich suchend in seinem Gästezimmer umsah, ob er nicht doch noch etwas vergessen hätte. Sölämen lang in ihrem Korb und beobachtete ihn aufmerksam, während er seinen Koffer schloss und Hedwigs Käfig dazustellte.

„So nun geht es los", sagte er mit einem unterdrückten Seufzen. „In einer Stunde werden wir uns mit Silver und Tonks im Grimmauld Place treffen."

„Und du nimmst mich wirklich mit?", kam es etwas zögernd von der Runespoor, als könnte sie es immer noch nicht glauben.

„Natürlich", lächelte Harry und strich ihr über die glatte Haut. „In Hogwarts gibt es jemanden der sich sehr freuen wird dich kennen zu lernen."

Sölämen schien mit dieser Antwort zufrieden und schlängelte sich tiefer in ihren Korb hinein, als wollte sie vor der langen Reise noch ein Nickerchen machen und Harry machte sich auf den Weg zu Sirius. Er durchquerte die Eingangshalle und fand ihn schließlich auf der, von der Küche aus, erreichbaren Veranda. Tief in Gedanken versunken stand er, die Unterarme auf das Geländer gestützt, da und beobachtete mit einem Schmunzeln Andrea, die mit Remus Hilfe den Apfelbaum leerte. Unter dem Baum standen zwei Körbe und während Remus mit Hilfe eines Zaubers die Äpfel vom Baum schweben ließ, sortierte Andrea sie in die beiden Körbe. Remus neckte sie damit, dass er immer wieder Äpfel über Andreas Kopf schweben ließ und wenn sie danach greifen wollte, schossen sie einen Meter höher in die Luft.

Sirius schüttelte grinsend den Kopf und drehte sich zu Harry um, als er dessen Schritte hörte.

„Na fertig mit packen?", sagte er und warf Harry einen prüfenden Blick zu.

Harry nickte stumm, während er sich neben Sirius auf das Geländer setzte. Die Morgensonne ließ das taunasse Gras glitzern, doch trotz der Sonnenstrahlen war es kühl an diesem Septembermorgen. Harry zog fröstelnd die Schultern hoch, als ein leichter Luftzug über die Veranda strich und rieb sich über die Arme. Aus dem Garten drang das fröhliche Lachen von Remus, als Andrea einen Apfel nach ihm warf und er ihn geschickt in der Luft auffing.

„Die scheinen jede Menge Spaß zu haben", schmunzelte Harry.

„Ja", nickte Sirius mit einem amüsierten Lächeln. „Ich kann mich nicht daran erinnern, wann Moony das letzte Mal derart ausgelassen war."

„Die Beiden verstehen sich prima."

„Das ist nicht zu übersehen", lachte Sirius, als genau in diesen Moment ein von Andrea geworfener Apfel Remus am Kopf traf.

„Meinst du aus den Beiden wird irgendwann einmal etwas?"

„Wie meinst du das?", fragte Sirius und hob überrascht den Kopf, um Harry direkt ansehen zu können.

„Na ja…ich meine…die Beiden würden doch gut zusammen passen", sagte Harry mit einem Achselzucken. „Ich denke, die gäben ein nettes Paar ab."

„Hm?", brummte Sirius unschlüssig, während sein Blick von Harry zu Remus und Andrea wanderte. Offensichtlich war dieser Gedanke Sirius noch nicht in den Sinn gekommen.

„War nur so eine Idee. Ich würde Remus dieses Glück gönnen…"

Sirius nickte und blickte stirnrunzelnd zurück zu Harry. Für einen kurzen Augenblick sah es aus, als wollte er etwas entgegnen, doch er kam nicht mehr dazu, da in diesen Moment Andrea und Remus auf die Veranda  zukamen.

„Und, bist du startklar, Harry?", lächelte Andrea. „In der Küche liegen belegte Brote für dich und wenn du möchtest kannst du auch ein paar Äpfel mitnehmen."

„Danke", nickte Harry und plötzlich war die eben noch gespürte Heiterkeit verschwunden. Er wollte sich nicht schon wieder von Sirius trennen und ein Blick in die Augen seines Paten zeigte ihm, dass es Sirius offensichtlich nicht anders ging.

„Ich denke dieses Schuljahr wird ein bisschen besser laufen als das Letzte", sagte Remus und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Clark Silver ist ein ausgezeichneter Lehrer und sein Unterricht wird dir bestimmt Spaß machen."

Harry nickte und versuchte ein halbherziges Lächeln, während er Andrea und Remus nachsah, die nun mit den beiden Körben in der Küche verschwanden.

„Diesmal gibt es keine Umbridge die Posteulen abfängt und dir dort das Leben zur Hölle machen kann", versuchte ihn Sirius aufzuheitern.

Harry nickte erneut und plötzlich erinnerte er sich wieder an den kleinen Spiegel, den Sirius ihm im letzten Schuljahr gegeben hatte. Zögernd rutschte er vom Geländer und wich Sirius Blick aus. Sollte er Sirius wirklich auf den Spiegel ansprechen? Sirius hatte ihm dieses Geschenk gegeben, damit sie einfacher miteinander sprechen konnten und er, Harry, hatte ihn nie benutzt; hatte dieses Geschenk einfach ignoriert. Soviel sie auch die letzten beiden Tage geredet hatten, nie war die Sprache auf diesen Spiegel gekommen, der noch immer zerbrochen in Harrys Koffer lag.

„Spuck´s aus!", sagte Sirius plötzlich, der sein Unwohlsein bemerkt hatte. „Was hast du auf dem Herzen?"

Für einen kurzen Augenblick stieg Angst in ihm hoch und er spielte ernsthaft mit dem Gedanken, einfach so zu tun, als ob gar nichts wäre. Was wenn Sirius wütend oder enttäuscht von ihm sein würde? Wenn er sich schon wieder von Sirius trennen musste, dann wollte er es sicher nicht in einem Streit tun. Sirius hatte den Kopf leicht schief gelegt und sah ihn ruhig an und plötzlich wusste Harry, dass es keinen Weg mehr gab, dieses Gespräch zu umgehen.

„Es geht…es geht um den…Spiegel, den du mir letztes Jahr an Weihnachten gegeben hast", sagte er leise und sah beschämt auf seine Füße. Sirius neben ihm seufzte tief, doch Harry brachte es nicht fertig den Blick zu heben.

„Du wolltest ihn nicht benutzen", sagte Sirius mit einer Spur von Bitterkeit in der Stimme, ehe er erneut schwer die Luft einzog.

„Es tut mir leid, Sirius. Es war schrecklich dumm von mir, ich habe dieses Geschenk einfach vergessen."

„Vergessen?", stieß Sirius ungläubig aus und Harry nickte.

„Ich habe es erst wieder am letzten  Schultag in meinem Koffer gefunden, doch da war es bereits zu spät. Ich wollte dich unter gar keinen Umständen in Gefahr bringen und so…es tut mir so leid. Nichts von alledem hätte geschehen müssen, wenn ich nur ein bisschen mehr nachgedacht hätte…"

Sirius antwortete ihm jedoch nicht und als Harry wenig später zögernd aufblickte, sah er, dass sein Pate ihn mit einem eigentümlichen Ausdruck in den Augen ansah. Unsicher ob dies nun Verblüffung oder Erleichterung war, was sich in Sirius Gesicht spiegelte, versuchte er den Ausdruck zu entschlüsseln, bis Sirius schließlich mit einem ungläubigen Lächeln den Kopf schüttelte. Plötzlich ging Harry ein Licht auf.

„Du dachtest, dass ich ihn bewusst nicht benutzt habe?", stieß Harry verwirrt aus.

„Ja, das dachte ich", nickte Sirius und wich nun seinerseits Harrys Blick aus. „Du musst ziemlich wütend und enttäuscht von mir gewesen sein…nach dem Zwischenfall mit Snape und…".

„Ich war nicht wütend und bestimmt nicht enttäuscht", unterbrach ihn Harry heftig. „Ich machte mir Sorgen. Ich wollte nicht, dass du wegen mir den Grimmauld Place verlässt und… dich ihn Gefahr begibst. Ich wollte dieses Geschenk unter gar keinen Umständen benutzen, egal wie fies Snape auch immer sein würde. Ich wollte nicht derjenige sein, der dich aus der sicheren Obhut des Grimmauld Place lockt…Ich hatte Angst, dass dir etwas geschehen könnte und deshalb habe ich es weggesteckt und… vergessen." Harry seufzte tief. „Was für eine Ironie - hätte ich es ausgepackt, wäre alles ganz anders gekommen. Ich hätte niemals Umbridges Kamin benutzen müssen und hätte sofort erfahren…". Harry brach ab und schüttelte unwillig den Kopf, als könnte er so die erneut aufsteigenden Schuldgefühle vertreiben.

Sirius schnappte kurz nach Luft, und sah Harry unverwandt an. „Es war nicht deine Schuld, Harry!", sagte er leise, aber eindringlich. „Wir alle haben eine Menge Fehler gemacht und der größte davon war vermutlich, dir nicht unsere wahren Befürchtungen zu erklären. Andererseits hat genau dieser Vorfall im Zauberministerium die Zaubererwelt wachgerüttelt und gezeigt, dass Voldemort tatsächlich zurück ist."

„Ich weiß, doch…früher oder später hätten es sowieso alle erfahren und...".

„Es ist müßig sich darüber Gedanken zu machen, was gewesen wären, wenn….Das Einzige was wir tun können ist, aus den Fehler zu lernen, um so eine Wiederholung zu vermeiden."

Harry nickte widerstrebend und biss sich unwillkürlich auf die Lippe. „An dem Abend als ich den Spiegel wiederfand versuchte ich Kontakt zu dir aufzunehmen, doch…als es nicht klappte, da habe ich ihn in den Koffer geworfen…wo er zerbrochen ist. Ich weiß nicht ob man ihn noch reparieren kann?"

„Hast du ihn hier?"

„Ja, noch immer in meinem Koffer."

„Wenn du ihn holst, dann werde ich später mal versuchen in wieder zum Funktionieren zu bringen."

Harry nickte erleichtert, doch noch ehe er etwas sagen konnte, erschien Remus an der Tür.

„Wir müssen langsam los. Silver und Tonks warten schon im Grimmauld Place auf uns."

„Ich komme gleich", sagte Harry niedergeschlagen und gemeinsam folgte sie Remus in den Kellerraum, wo Andrea mit seinem Gepäck bereits vor dem Reisespiegel auf sie wartete.

„Hier ist dein Essenspaket", lächelte Andrea und drückte ihm eine große Tüte mit Broten und Äpfeln in die Hand. Harry verstaute sie in seinem Koffer und gab Sirius den kaputten Spiegel.

„Pass gut auf dich auf, Harry!", sagte Sirius mit heiserer Stimme und drückte Harry kurz an sich, ehe einen Schritt zurücktrat.

„Du auch, Sirius!"

Remus neben ihm atmete tief ein, klopfte Sirius kurz auf die Schulter und trat durch den Reisespiegel. Mit einem letzten Blick auf Sirius folgte ihm Harry.

Im Grimmauld Place wurde er bereits von einer aufgeregten Molly Weasley erwartet, die ihn, kaum dass er aus dem Spiegel trat, in eine feste Umarmung schloss.

„Oh Harry, mein Lieber, da bist du ja endlich", sagte sie und schob ihn sofort Richtung Eingangstür, wo Ron, Hermine, Ginny, Silver und Tonks bereits warteten.

„Arthur hat uns einen Wagen vom Ministerium besorgt", erklärte Tonks und noch ehe Harry Zeit hatte jemanden richtig zu begrüßen, riss sie die Tür auf und schob sie ins Freie.

„Alles klar, Kumpel?", grinste Ron, als er sich neben Harry auf den Rücksitz des Wagens hievte.

Harry nickte und rutschte weiter zur Seite, damit Hermine, Ginny und Tonks ebenfalls noch Platz erhielten. Remus schwang sich auf den Beifahrersitz und wenig später steuerte Silver den Wagen durch den dichten Verkehr zum Bahnhof King`s Cross. Ohne besondere Zwischenfälle erreichten sie die Absperrung zwischen den Gleisen neun und zehn, lehnte sich lässig dagegen und standen einen Moment später auf dem Gleis neundreiviertel. Die knallrote Lok des Hogwarts-Express stieß bereits Dampf aus und der Bahnsteig war bevölkert von Schülern, die sich von ihren Eltern verabschiedeten oder Mitschüler begrüßten. Über den Tumult von lauten Stimmen, kreischenden Eulen und fauchenden Katzen hinweg hörten sie die aufgeregten Rufe von Neville Longbottom.

„Hallo Harry, hallo Ron, hallo Hermine!", rief Neville und winkte ihnen freudig zu. „Wir haben bereits ein Abteil reserviert."

„Na dann beeilt euch mal", grinste Tonks.

„Mach´s gut, Harry!", lächelte Remus und reichte ihnen die Hand.

„Du auch Remus!", seufzte Harry und sah sich unschlüssig nach Ron und Hermine um, die bereits mit ihrem Gepäck am Einsteigen waren.

„Wir sehen uns später in Hogwarts", lächelte ihm Silver zu, ehe sein Blick über die Schülerschar wanderte. Die Lok stieß einen Warnpfiff aus und Harry beeilte sich ebenfalls einzusteigen.

„Was ist das denn?", fragte Neville verblüfft, der Harry entgegengeeilt war um ihn mit dem Gepäck zu helfen und deutete auf den Korb mit der Runespoor.

„Das ist Sölämen", grinste Harry und drückte den ratlosen Neville den Korb in die Hand, während er einen letzten Blick zurück auf den Bahnsteig warf. Remus, Silver und Tonks standen in der Nähe der Absperrung und warteten auf die Abfahrt des Zuges. Harry fiel auf, wie viele Eltern ihren Kindern besorgt nachsahen, auch wenn sie sich um eine lächelnde Miene bemühten und unwillkürlich gab es ihm einen Stich, als er sich wieder an die Gefahr erinnerte, die er die letzte Tage so erfolgreich verdrängt hatte.

„Ist das ´ne Schlange?"

Harry nickte und folgte Neville in das reservierte Abteil, wo bereits Luna Lovegood und Ernie Macmillan auf sie warteten.

„Ron und Hermine sind im Abteil für die Vertrauensschüler, kommen dann später aber auch noch", erklärte Neville gutgelaunt und stellte den Korb auf einem der freien Sitze ab.

„Hallo zusammen!", grüßte Harry, verstaute seinen Koffer und ließ sich neben Luna nieder.

„Hallo Harry!" Luna lächelte ihn mit großen Augen an, ehe sie sich wieder in die neueste Ausgabe des Klitterers vertiefte.

Von Ernie Macmillan kam nur ein kurzes „hi", eher er wieder mürrisch aus dem Fenster sah.

„Musst du nicht auch in das Abteil der Vertrauensschüler?", fragte Harry stirnrunzelnd, als er sich daran erinnerte, dass Ernie ja ebenfalls zu den Vertrauensschülern gehörte.

„Bin ja schon weg", entgegnete er gereizt und stand mit einem Ruck auf.

„He, so war das nicht gemeint", stieß Harry verblüfft aus, als Ernie seinen Koffer aus der Gepäckablage ziehen wollte. „Du störst mich überhaupt nicht. Ich dachte nur, da Ron und Hermine…"

Ernie sah ihn einen Moment lang unschlüssig an, ehe er zögernd nickte und den Koffer zurückschob.

„Ich sollte trotzdem nach mal nach vorne gehen", nuschelte er, doch noch bevor er die Tür erreicht hatte hielt Neville ihn zurück.

„Du kommst aber dann wieder?"

Ernie nickte, warf einen letzten unsicheren Blick auf Luna und Harry und verschwand im Korridor.

„Was ist denn mit dem los?", fragte Harry kopfschüttelnd. „Er ist doch sonst nicht so empfindlich."

„Keine Ahnung", seufzte Neville und schnappte sich Trevor, der durch die offene Tür flüchten wollte. „Denke mal, der hat Stress mit seinen Freunden aus Hufflepuff."

„Manche Leute sind schrecklich intolerant", murmelte Luna hinter ihrer Zeitschrift, die sie wie schon im letzten Schuljahr auf den Kopf gedreht las.

Neville und Harry tauschten einen ratlosen Blick, hielten es jedoch für besser nicht weiter nachzufragen. Einige Minuten saßen sie nur schweigend da und beobachteten die vorbeiziehende Landschaft, bis Harry die Stille nicht mehr aushielt.

„Wie waren denn deine Ferien?", fragte er Neville.

„Ganz gut, doch bei weitem nicht so ereignisreich wie deine", antwortete Neville zögernd. „Luna hat mir von dem Überfall auf den Fuchsbau erzählt."

Für einen kurzen Moment war Harry verblüfft, dass Luna dies wusste, bis er sich wieder daran erinnerte, dass die Weasleys ja von Andreas Haus aus über das Flohnetzwerk zu den Lovegoods geflohen waren. So nickte er nach kurzem Zögern und warf Luna einen raschen Blick zu, doch sie schien tief in ihr Magazin versunken.

Froh darüber, dass Neville keine weiteren Fragen dazu stellte, zog Harry ein Buch aus seinem Koffer und begann zu lesen.

„Wo ist eigentlich Ginny?", durchbrach Luna nach einigen Minuten die Stille und sah sich suchend um, als wäre ihr jetzt erst aufgefallen, dass sie nicht da war.

„Die ist bei Dennis Creevey", antwortete Neville matt und fuhr sich zerstreut durch die Haare. „Sein Bruder ist doch…er war dabei als in der Winkelgasse…". Neville brach erneut ab, offensichtlich nicht fähig das auszusprechen, was vor ein paar Wochen geschehen war.

„Oh ja!", nickte Luna und ließ die Zeitschrift sinken. „Colin und Cho! Ich habe davon gehört."

Harry hatte das Gefühl, als würden seine Innereien schlagartig gefrieren. Colin und Cho waren beide bei einem Überfall der Todesser ums Leben gekommen. Bis zu dem Moment da Neville es ansprach, hatte Harry die Gedanken daran weit von sich geschoben; hatte versucht, sich nicht an Cho oder Colin zu erinnern, wollte nicht daran denken, dass sie bei seiner Ankunft in Hogwarts nicht mehr da sein würden. Doch nun traf ihn diese Erkenntnis mit unverminderter Härte. „Sie sind tot!", schrie eine Stimme in ihm auf. Plötzlich und ohne dass Harry es hätte verhindern können, stiegen Erinnerungen an das letzte Schuljahr in ihm hoch und ihm wurde schmerzlich bewusst, dass er bisher noch keinen Gedanken daran verschwendet hatte, wie es den Freunden der Beiden wohl gehen würde. Harry war so tief in diese Gedanken versunken, dass er heftig zusammenzuckte, als Hermine nach etwa einer Stunde die Tür des Abteils aufschob.

„Ah, da seid ihr, wir haben euch schon gesucht", sagte sie und setzte sich mit Krummbein auf dem Arm neben Harry.

Ernie Macmillan folgte etwas zögernd, doch nachdem ihn Neville aufmunternd zulächelte, trat er einen beherzten Schritt nach vorn. Ron kam unmittelbar nach Ernie und verzog, als dieser ihm den Rücken zukehrte, das Gesicht. Harry war zuerst nicht klar, was Ron mit diesen Grimassen ausdrücken wollte, als ihm Hermines bitterböser Blick auffiel, mit dem sie Ron bedachte Er erinnerte sich wieder daran, was Ron im Krankenhaus erwähnt hatte. Als er Ron und Hermine nach Neuigkeiten gefragt hatte, erzählte ihm Ron, dass Ernie schwul war und seine Brüder ihn in der Winkelgasse mit einem Jungen gesehen hatten. Ron hatte damals schon seine Witze darüber gerissen, doch dies jetzt im Beisein Ernies zu tun, fand Harry mehr als daneben. Plötzlich bekamen auch Lunas Worte über die Intoleranz der Leute Sinn und Harry versuchte Rons Grimassen zu ignorieren. Ernie setzte sich mit einem verlegenen Lächeln neben Neville, doch Ron blieb stehen und starrte ärgerlich auf den einzigen noch freien Platz neben Ernie.

„Hermine könnten wir vielleicht die Plätze tauschen"? fragte er brummig und drehte Ernie demonstrativ den Rücken zu.

Ernie starrte mit verkniffener Miene aus dem Fenster und versuchte den Eindruck zu erwecken, dass er von Rons Äußerung nichts mitbekommen hatte; doch Harry wusste sehr wohl, dass Rons Benehmen den Hufflepuffjungen verletzte. Hermine stand auf und warf Ron einen eisigen Blick zu, ehe sie sich auf den freien Platz neben Ernie setzte. Von Rons Verhalten peinlich berührt, spürte Harry das unbändige Verlangen, Ron an seine Rolle als Vertrauensschüler zu erinnern, doch in Ernies Beisein erschien es ihm taktlos. So schlug er erneut sein Buch auf, während er immer wieder heimliche Blicke auf Ernie warf, der sich in seiner eigenen Haut sichtlich unwohl fühlte. Neville, der offensichtlich noch nichts von diesem Gerücht gehört hatte, runzelte die Stirn, schien es aber für klüger zu halten, keine Fragen dazu zu stellen und kramte stattdessen seine Schokoladenfroschkarten aus der Tasche.

Kurz darauf erschien die Hexe mit dem Imbisswagen und nachdem sich alle die Bäuche mit Kesselkuchen und Kürbispasteten vollgeschlagen hatten, zog Hermine Karten aus ihrem Koffer.

„Was haltet ihr davon, wenn wir eine Runde Snape explodiert spielen?"

„Prima Idee!", nickte Neville begeistert.

„Klar, können wir machen", sagte auch Harry und sah zu Ernie hinüber. „Hast du auch Lust mitzuspielen?"

Aber noch ehe Ernie antworten konnte, war Ron aufgestanden und hatte kommentarlos das Abteil verlassen.

„Sagt mal, spinnt der heute?", fragte Neville perplex, während Hermine sprachlos die Tür anstarrte, durch die Ron verschwunden war.

„Sieht fast so aus", entgegnete Harry ärgerlich und nahm Hermine die Karten zum Mischen aus der Hand. „Wie sieht es aus, Luna, hast du auch Lust mitzuspielen?"

Luna nickte abwesend und verstaute umständlich ihre Zeitschrift in der Tasche.

„Vielleicht wäre es doch besser, wenn ich euch allein lasse…", begann Ernie, doch er wurde von Hermine und Harry gleichzeitig mit einem entschiedenen „Nein" unterbrochen.

„Wenn Ron spinnt, sollte das nicht dein Problem sein", schnaubte Hermine.

Ernie sah immer noch so aus, als wollte er lieber aufstehen und das Abteil verlassen, doch Harry teilte bereits die Karten aus und drückte ihm die seinen in die Hand.

„Du kommst raus, Hermine", sagte Harry und nach einigen Runden entspannte sich die Stimmung zusehends. Ron kam erst mit dem Einsetzen der Dämmerung wieder, als sie Hogwarts fast erreicht hatten. Murrend schlüpfte er in seine Hogwartsrobe und als der Zug in Hogsmeade einlief, war er einer der ersten die das Abteil verließen.

Fortsetzung folgt….

AN: Über Reviews freu ich mich immer! *ggg* (ob das jemanden wundert?)